„Nervosität ist für mich eigentlich nichts Schlimmes”

GISB Schulleiter Holger Wirtz ist im August 2019 mit seiner Familie nach Boston gezogen. Seit rund einem halben Jahr ist er jetzt GISB Schulleiter und gibt in einem spannenden Interview Einblicke in sein Leben auf einem neuen Kontinent und in seinen Alltag in einer komplett neuen Schule. 

Nadine W: Bevor Sie hierher gezogen sind, wie haben Sie sich das Leben in Amerika vorgestellt?

  • Holger Wirtz: Der Umzug war für uns nicht komplett ohne Vorbereitung, weil wir schon öfter in den USA waren, auch weil wir Freunde in Sacramento haben. Wir kannten die Westküste daher schon ziemlich gut. Und auch an der Ostküste waren wir schon im Süden. Insofern hatte ich persönlich, aber wir auch als Familie, schon ein Bild der USA. In Bezug auf Boston waren wir ganz gespannt was uns erwartet; wir haben mit Boston städtisches Leben verbunden, viel Offenheit und wir haben uns vorgestellt, dass wir hier viele neue, nette Menschen kennenlernen – und das hat sich auch bewahrheitet. 

Gab es irgendwas, was nicht ganz so war, wie Sie es sich vorgestellt hatten?

  • Es ist teurer als ich es erwartet hatte, aber auch spannender als wir dachten. Wir genießen es.

Haben Sie zuerst von der GISB erfahren und sich dann entschieden, ins Ausland zu gehen, oder war es Ihre erste Priorität ins Ausland zu gehen und danach haben Sie die GISB gefunden? 

  • Bei mir war es so, wie bei vielen, die als SchulleiterIn bzw. LehrerIn ins Ausland gehen. Erst stand die grundsätzliche Entscheidung „Ausland ist attraktiv”. Dann bin ich aber sehr schnell auf die GISB gestoßen und hatte das Gefühl, dass das dann auch passte.

Wie geht es Ihnen nach dem Wechsel von Stadthagen in Niedersachsen hierher, nach Boston?

  • Sehr gut. Wir als Familie haben uns gut eingelebt, im Beruf habe ich mich richtig gut eingelebt. Es war definitiv der richtige Schritt, ich bin sehr froh, dass ich hier bin.

Bevor Sie Schuldirektor waren, welche Fächer haben Sie unterrichtet?

  • Ich habe drei Fächer unterrichtet: Englisch, evangelische Religion und Informatik. Informatik war mein zusätzliches Fach und Religion und Englisch hatte ich studiert. 

Wie viele Unterrichtsstunden unterrichten Sie immer noch?

  • Jetzt unterrichte ich 10 Stunden. Ich bin froh beides zu machen: Als Schulleiter zu arbeiten und zu unterrichten.
     

Und welche Fächer sind das denn, die Sie zurzeit unterrichten?

  • Im Moment unterrichte ich nur Englisch, möchte aber auch dringend nächstes Jahr in den Bereich Ethik gehen, damit ich auch wirklich beide Fächer kennenlerne. 

Warum haben Sie sich entschieden Lehrer zu werden?

  • Das war bei mir eine späte Entscheidung. Ich habe zwei Studiengänge parallel gemacht, ich habe Theologie und Anglistik studiert. Letztlich war es die Arbeit mit jungen Menschen, sowie die Vielfalt der Arbeit an der Schule. Natürlich war auch die Liebe zu meinen Fächern ein Faktor. Das Ausschlaggebende war, dass ich mehrere Praktika gemacht habe, bei denen ich gemerkt habe, dass ich sehr gerne mit jungen Menschen arbeite.

Worauf freuen Sie sich schon am meisten im kommenden Schuljahr?

  • Ich freue mich alles noch einmal etwas besser zu kennen, als ich es im ersten Schuljahr schon kannte und viele der Ideen, die wir entwickelt haben, weiterführen zu können. Außerdem freue ich mich, die Erfahrung nutzen zu können, die ich habe. Und wirklich auf die nächsten Jahre mit der GISB! 

Wovor sind Sie zurzeit am nervösesten?

  • Oh das ist eine gute Frage. Ich weiß gar nicht, ob ich eine Reihenfolge machen kann. Für mich ist Nervosität nicht ein alleiniges Gefühl, das ist verbunden mit Gefühlen wie Erwartung und Erwahrtungsvorfreude; für mich ist Nervosität auch nicht etwas negatives. Eigentlich ist es so, dass diese Nervositäts-Kurve nach 6 Monaten etwas abgeflacht ist. Ich habe jetzt viel Neues hinter mir und jetzt trete ich in die Phase ein, wo ich sage „das kenne ich schon” oder „das ist zwar noch neu, aber das Neue kann ich auch einordnen, weil ich Einiges schon kenne”.

Was planen Sie an der GISB zu verändern bzw. zu verbessern?  

  • Wir haben schon seit längerer Zeit  verschiedene Projekte laufen und haben in diesem Schuljahr auch einige neu gestartet. Das, bei dem ich das Gefühl hatte, dass es wichtig ist, haben wir eigentlich gestartet. Und zwar eine stärkere Ausrichtung der späten Mittelstufe, frühen Oberstufe in Richtung Internationalität. Wir haben auch die Projekte „Schule ohne Rassismus“, Umweltschutz und generell stärkere Partizipation der SchülerInnen angefangen und die sind auf gutem Weg, finde ich. Es gibt viele Projekte, von denen ich sagen würde „die hat die Schule angestoßen”. Meine Sichtweise ist, dass es nicht einen Masterplan gibt, von wegen ‘das und das und das machen wir’, sondern, dass Themen aus Potenzial heraus entstehen. 

In welchen Aspekten unterscheidet sich die GISB Ihrer Meinung nach von Schulen in Deutschland?

  • Definitiv Dynamik. Die GISB ist eine ganz, ganz, ganz dynamische Schule und auch eine offene Schule. Sie ist außerdem eine tolerante und interessierte Schule, die sehr stark versucht SchülerInnen die optimale Vorbereitung zu geben. Vieles davon habe ich auch im Inland festgestellt, aber ich merke, dass diese Schule gerade bei dem Thema Dynamik und Offenheit, ganz besonders ist.  

In welchen Aspekten ist die GISB ganz wie normale Schulen ist?

  • Im Alltag. Wir schreiben Klassenarbeiten wie andere Schulen, haben Hausaufgaben und Noten wie andere Schulen. Die intensive Zusammenarbeit der Gruppen, Eltern, Schüler, Kollegen und Lehrer, ist das, was ich aus meiner Schule in Deutschland kannte. Und auch vieles im Organisatorischen; wir basteln hier genauso im Frühjahr am Schulplan und der Unterrichtsverteilung. Wir überlegen uns genauso welche Projekte wir weiter verfolgen wollen.

Könnten Sie Schülern noch eine Lebensweisheit oder einen Wert mitgeben, wie würde diese(r) lauten?  

  • Ich sage mal was mich begleitet hat: Meine Schule hatte das lateinische Motto „immer offen” und für mich war das gut, das aus der Schule heraus zu nehmen. Immer offen zu bleiben, immer neugierig zu sein auf Neues. Neues nicht als etwas Besorgniserregendes wahrzunehmen, sondern das Neue als etwas, was wichtig ist und das Leben interessant macht, anzusehen. Wir werden hier kein lateinisches Motto haben, auch weil die Schule kein Latein unterrichtet – aber diese Offenheit, ich glaube das ist etwas ganz wichtiges, was diese Schule aber auch lebt. Eine sehr, sehr offene Schule, die GISB. 

Vielen Dank für Ihre Offenheit und das aufschlussreiche Interview!!! 

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